Zwischen 24.5 und 7.6.2011 - Astronächte am Roque de los Muchachos (La Plama)
Roque de los Muchachos, La Palma (Canarias), 12 Zoll
Dobson von Hofheim Instruments, SQML(Zenit)
= bis 21,75 mag/sas, Temp. zwischen 3,5° u. 14° Cels.
trocken, in einigen Nächten teilweise windig,
seeing meist gut, 7 Nächte beobachtet Mitbeobachter: keine
Es ist Dienstag, der 24. Mai, als um kurz nach 3:30 Uhr der
Wecker läutet. Pünktlich um 5:50 Uhr hebt der Airbus A320 in
Richtung Santa Cruz, La Palma, ab. Mit im Gepäck befindet
sich ein 12 Zoll Teleskop und das entsprechende
Zubehör. La Palma ist die nordwestlichste der Kanarischen
Inseln und einer der besten astronomischen Beobachtungsplätze der
Welt. Neben dem dunkeln Nachthimmel hat die Insel aber eine
ganze Menge mehr zu bieten. La bonita, die Schöne, wird sie
von den Guanchen genannt und die Insel trägt den Namen zurecht.
Drachenbaum im Norden der Insel
Traumhafte Wanderwege führen sowohl durch Gebiete mit
üppiger Vegetation mit einer unglaublich abwechslungsreichen
Pflanzen- und Tierwelt, als auch durch fast wüstenhafte Regionen.
Die Wege sind dabei durchwegs gut markiert und in
Wanderführern beschrieben. Wichtig ist eine vernünftige
Planung, abseits der wenigen Modetouren
auf und in der Caldera Taburiente sind die Wege meist einsam. Wir
waren zum Teil mehrere Stunden unterwegs ohne jemanden zu treffen.
Das nenne ich ordentliche Blütenstengel, fast 3 m
hoch! Millionen von Blüten ziehen Tausende von
Schmetterlingen und Bienen magisch an. Aufgrund des Überflusses an
Nahrung sind die Insekten nicht aggressiv und man kann ganz
nah hin.
Über den Passatwolken mit dem Pico del Teide auf der Nachbar-Insel Teneriffa im Hintergrund
Wandern im einsamen Norden der Insel war aber wie gesagt nur ein Aspekt
der Reise, im Bericht hier soll es in erster Linie um die "nächtlichen"
Aktivitäten gehen.
Warum ist La Palma einer der besten astronomischen Standorte der Welt
und Sitz einer ganzen Reihe von Teleskopen der Europäischen
Nordsternwarte?
Die Antwort liegt
- in der Lage im Atlantik ca 500 km vor der westafrikanischen Küste (da hat's wenig Licht...)
- in der Höhe des Roque de los Muchachos (knapp 2500m), der fast immer aus den Passatwolken herausragt
- am NO-Passat, der sich beim Aufsteigen abkühlt und ausregnet -> oben ist die Luftfeuchtigkeit extrem niedrig
- am meist laminar umströmten "einsamen" Berg (-> gutes seeing!)
- an recht restriktiven Vorgaben was künstliches Licht auf der Insel betrifft
- an der relativ leichten Erreichbarkeit und
der "gemütlichen" Höhe von 2400 Metern (jeder der schon
einmal auf 4500m oder darüber war versteht was ich meine...)
Alles in allem kommen da 300 Nächte mit guten Bedingungen im Jahr heraus!
Sonnenuntergang auf ca. 2000m am oberen Rand der Passatwolken
Die untergehende Mondsichel im Zodiakallichtkegel.
Aufgehende Milchstraße über einigen Teleskopen der
Europäischen Nordsternwarte
(von links nach rechts: William Herschel, NOT (Nordic Optical Teleskope), Galileo Galilei, GTC (Gran Telescopio Canarias))
Auf der
Beobachtungsliste für die Nächte in La Palma stehen neben den
südlichen Messier Objekten eine Reihe anderer Highlights des
südlicheren Himmels.
Weitere Highlights:
NGC5139 Omega Centauri, die "Mutter" aller Kugelsternhaufen NGC5129 Centaurus A
die Antennen Galaxien NGC4038 & NGC4039
NGC6302 Bug Nebula
NCG5102 Kantenlage (Galaxie) im Centaurus
NGC6231, NGC3242, NGC5419 und andere
diverse Hickson Gruppen (42, 51, 58, 79, 86, 88, 90, 91, 92)
Die erste Nacht Ende vom 25. auf den 26. Mai ist sehr windig, ein
Beobachten jenseits der Waldgrenze unmöglich. Ich baue den
12er von Hofheim Instruments auf ca 2000m Seehöhe in der letzten
Kehre der Straße vor dem Verlassen des Waldes auf. Der Südblick ist
eingeschränkt, dafür bin ich etwas windgeschützt und ich
kann einige Objekte im Raaben und in der Wasserschlange beobachten. Auf
Saturn und M51 sind auf der Liste. In M51 wird in den nächsten
Tagen eine Supernova aufleuchten was ich zu dem Zeitpunkt
natürlich nicht weiß.
M83, Südliche Feuerrad-Galaxie
Zeichnen werde ich in dieser ersten Nacht nicht, die Bilder oben
stammen von Nächten danach. Es ist schlicht und ergreifend zu
windig.
Um ca. 1 Uhr steigen die Passatwolken und ich bin schlagartig im
Nebel. Auf den Spiegeln bilden sich Wassertropfen in einer
derartigen Geschwindigkeit, wie ich das noch nicht erlebt habe! Ich baue ab
und fahre im dichten Nebel zurück nach Puntagorda. Die erste Nacht
ist vorbei bevor sie richtig angefangen hat......
zum Seitenanfang Zur Astro HauptseiteZur Reisen Hauptseite Am darauffolgenden Tag ist ein Besuch der Europäischen
Nordsternwarte (ORM Observatorio Roque de los Muchachos) angesagt. In Puntagorda herrscht dichter Nebel, ab ca. 1800m sind wir
über den Passatwolken.
Links das William Herschel Teleskop, daneben Sonnenteleskope, vorne die
beiden 17 m Spiegel des MAGIC (Gamma Strahlen Teleskop),
dahinter das NOT (Nordic Optical Telescope)
Links das italienische Teleskop Galileo Galilei, rechts das derzeit
weltweit größte Einzelteleskop GranTeCan (10,4m Spiegel).
Das italienische Telescopio Nazionale GG hat mit dem installierten 3,6
m Spiegel ziemlich genau die 100fache Öffnung (entspricht
der 10000fachen Fläche!) zur Verfügung als das Gerät des
italienischen Namensgebers Galileo Galilei.
Mit seinem 3,6 cm Refraktor hat Galileo vor rund 400 Jahren unter
anderem die nach Ihm benannten Jupiter Monde entdeckt. Er war
maßgeblich an der Veränderung des damaligen Weltbildes,
das die Erde im Mittelpunkt des Universums sah, beteiligt.
Weil eine bewegte Erde angeblich der Heiligen Schrift widersprach, wurde
gegen Galilei das Inquisitionsverfahren eingeleitet.Er musste im Jahre 1633 seiner Lehre von der Erdbewegung
abschwören. Mit dem der Sage nach am Ende der Prozesse ausgesprochenen Satz "Eppur si muove" ("sie bewegt sich doch")hat sich Galileo Galilei unsterblich gemacht.
Bis zu seinem Tode blieb Galilei der Aufsicht der Inquisition unterstellt.
Galileo Galilei wurde im Jahre 1992
durch den Vatikan rehabilitiert.
Imposant sind die 17m Spiegel des Gammastrahlen Teleskops MAGIC.
Tagsüber sind die Teleskope nach Norden ausgerichtet. Damit ist
ausgeschlossen, dass die Sonne in die Spiegel leuchtet.
MAGIC 2. Mit den beiden Spiegeln wird nachts nach Tschernekow Lichtkegeln
in der Atmosphäre gesucht. Diese Lichtkegel sind durch
hochenergetische Gamma Strahlen verursachte Sekundäreffekte, die
Atmosphäre ist undurchlässig für Gamma Strahlen.
Das GTC (Gran Telescopio Canarias oder GranTeCan)
Wir hatten das Glück an einer Führung teilnehmen zu
dürfen. Eine Englische Astronomin nahm sich eineinhalb Stunden
Zeit uns das Teleskop zu erklären.
Der 300 Tonnen schwere bewegliche Teil des Teleskops. Sichtbar sind
die hexagonalen knapp 2 m großen Zerodur-Platten. 36 von ihnen bilden den 10,4 m Hauptspiegel des
Teleskops.
Der "Fangspiegelwinzling" oben hat 1,3m Durchmesser!!! Rechnet
man die jährlichen Betriebskosten des Teleskops auf die
Beobachtungszeit um, kommt die Stunde am GTC auf mehrere Tausend Euro!
Mein 0,3m Teleskop von Hofheim Instruments....
.... bringt nur 12 kg auf die Waage. Das ist eine wesentliche
Voraussetzung dafür das Gerät mit auf Flugreisen nehmen und
unter gutem Himmel einsetzen zu können. Der Hauptspiegel mit
Spiegelkasten und Transportbox geht als Handgepäck durch, der Rest
des Teleskops passt ist in eine zweite, etwas
größere Transportbox aus Holz (17 x 45 x 50 cm).
Inklusive der beiden Transportboxen bringt das Teleskop es auf ca 15
kg. Die
Transportabilität und das geringe Gewicht waren für mich ein
wichtiges Kriterium, da in unseren Breiten ein wirklich dunkler Himmel
sehr selten geworden ist.
zum Seitenanfang Zur Astro HauptseiteZur Reisen Hauptseite Weiter geht's mit der zweiten Nacht am Berg. Es ist klar und nahezu
windstill; deshalb entschließe ich mich ganz oben am Gipfel
des Roque de los Muchachos zu beobachten.
Da das ORM Gelände ab ca 19 Uhr gesperrt wird, bin ich schon kurz
vorher oben und warte auf den Sonnenuntergang um ca 21:15 Uhr.......
Einsam am höchsten Punkt der Insel, die Besuchermassen haben den Gipfel längst schon wieder verlassen.
Erwischen lassen sollte man sich bei der Aktion nicht, da das
Gelände nachts gesperrt ist kann der Spaß richtig teuer
werden. Es gibt eine ganze Reihe guter Beobachtungsplätze
außerhalb des ORM Geländes, gute Südsicht
eingeschlossen.
Ich wollte eine Nacht ganz oben erleben.... Ein zweites Mal riskiert habe ich es allerdings nicht mehr.
Endlich senkt sich die Sonne in Richtung Horizont
Das GTC im letzten Sonnenlicht
Sonnenuntergang!
Mit der Stille ist es vorbei, die Teleskope des ORM
öffnen nun die Kuppeln. Am Gipfel kann ich die Motoren
deutlich hören. Immer wieder durchbrechen penetrante
Warntöne beim schnellen Bewegen der Spiegel die Stille. Erst
als die Teleskope auf Ihre Ziele ausgerichtet sind
wird es wieder ruhig.
letztes Tageslicht
GranTeCan
Die Kuppel des 4,2 m Teleskops William Herschel öffnet sich
Das Galileo Galilei "schaut" über mich hinweg
In der Caldera ein riesiges Wolkenmeer, das am östlichen
Kraterrand immer wieder überschwappt. Dahinter ist der
hochkommende Erdschatten sichtbar.
Ein gigantisches Naturschauspiel.
Es wird Nacht. Vom Gipfel der Blick nach Süden. Knapp 2000
Höhenmeter tiefer die Lichter von Los Lianos, die der Nebel nur kurzzeitig freigibt. Im Hintergrund die
Lichter der Nachbarinsel El Hiero in 110 km ! Entfernung. Darüber drei der Hauptsterne des Kreuz des Südens!!!
La Palma
liegt auf 28 Grad nördlicher Breite, d.h. der Blick nach
Süden reicht bis auf -62 Grad (mit Refraktion und dem erhöhten Standpunkt sogar bis auf -63!).
Alpha Centauri war sichtbar, unser nur 4 Lichtjahre entfernter Nachbarstern ging allerdings
erst etwas später auf. Auf dem Foto sichtbar ist Beta Centauri.
Los geht die Beobachtungsnacht mit Saturn. Dieser steht 20 Grad
höher am Himmel als in unseren Breiten und ist schlicht und
ergreifend phantastisch. Mit dem 3mm Nagler Okular ist die
Vergrößerung bei 500x. Obwohl noch ein leichter Wind weht
(der sich bald legen wird) ist das seeing ausgezeichnet! Ich habe
Saturn selten so beeindruckend gesehen.
Als es richtig dunkel wird kommt das 13 mm Nagler Okular zum Zuge. Die
Vergrößerung ist bei 115x, das Gesichtsfeld etwas
über 0,7 Grad. Ich stelle an M13 scharf. Der
Paradekugelsternhaufen unserer Breiten ist wie immer beeindruckend,
auch wenn er bei dieser Vergrößerung recht verloren und
klein im Gesichtsfeld wirkt.....
Der Grund für die Wahl des Okulars ist jedoch ein anderer. Der
Teleskop-Schwenk nach Süden führt in den in den Centaurus
hinein. Ziel ist
NGC5139, Omega Centauri, die Mutter aller Kugelsternhaufen. Das
visuelle Erlebnis ist nicht in Worte zu fassen. Der
Kugelsternhaufen füllt das Gesichtsfeld ganz aus, die Randbereiche
passen schon gar nicht mehr rein. Abertausende von Sternen, ein
unglaublicher Anblick, mit nichts vergleichbar. Leider kann ich
diesen Eindruck weder beschreiben noch zeichnen, ich würde
wahrscheinlich heute noch dort hocken und Sterne aufs Papier bringen....
Deshalb schwenke ich nach ausgiebiger Beobachtung das Teleskop etwas in nördliche Richtung und
stelle die Riesengalaxie Centaurus A ein. Und an die wage ich mich
zeichnerisch....
Centaurus A
Die starke Radioquelle Centaurus A enthält wahrscheinlich ein
riesiges schwarzes Loch im Zentrum. Im 12er sichtbar ist nicht
nur das die Galaxie teilende Staubband, sondern auch der
"Mittelstreifen".
Dann kommen die Südliche Feuerradgalaxie M83 und NGC4361 an die
Reihe. Die Zeichnungen stehen etwas weiter oben im Bericht
(link NGC4361, M83)
NGC5102 im Centaurus
NGC5102 ist eine Galaxie der M83 Gruppe und liegt im Sternbild Centaurus. Sie wurde 1835 von William Herschel entdeckt.
Skorpion Aufgang hinter den Gipfelfelsen des Roque de los Muchachos
Der Wind legt sich und bis auf das Schwenken der Großteleskope
unter mir ist es absolut ruhig. Ich genieße diese Stunden und
fahre eine ganze Reihe von Objekten meiner Liste an.
Dazwischen immer mal wieder ein Schwenk zu Omega Centauri, ich
kann mich einfach nicht sattsehen an dem Objekt.
Etwas später dreht sich die Milchstraße hinter den Gipfelfelsen hoch....
Milchstraßenaufgang
Gegen 5 Uhr morgens steht die Milchstraße fast senkrecht am Himmel.
Die Dämmerung setzt erst nach 6 Uhr morgens ein. Ich beobachte
noch den Aufgang der schmalen Mondsichel bis ich schließlich das
Teleskop wieder abbaue und im Auto verstaue. Die großen
Sternwarten haben Ihre Kuppeln immer noch offen. Weil ich diese nicht stören will, lege ich mich
noch eine knappe Stunde auf eine Iso-Matte. Das Thermometer zeigt 3,5 Grad;
es ist gut, dass ich die leichte Daunenjacke eingepackt habe!
Kurz vor Sonnenaufgang fahre ich wieder zurück nach Puntagorda.
Was für eine Nacht!
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den 2 Wochen auf La Palma wechseln sich Wanderungen im einsamen Norden der Insel, Badetage am Meer und
Astronächte am Berg ab.
Im nun Folgenden einige Eindrücke davon.
Wandern am Rand der mit Wolken gefüllten Caldera Taburiente
Immer wieder "schwappen" Wolken über den Kraterrand und fließen den Berg hinunter.
Ein zeichnerischer Ausflug in die Zentralregion unserer
Milchstraße. Neben einer Unmenge von Sternhaufen und anderen
Objekten sind auch eine Reihe von galaktischen Nebel zu finden. Bedingt
durch den guten Himmel und die Höhe über dem
Horizont sind diese Objekte ein Augenschmaus. Ich zögere sie zu
zeichnen, der visuelle Eindruck und die schiere Vielfalt an Details
sind für mich nicht aufs Papier zu bringen.
Ich versuche es trotzdem, in den nächsten Zeilen die Ergebnisse.
Die beiden letzten Tage auf La Palma verbringen wir in der Hauptstadt auf der
Westseite der Insel bevor es dann wieder zurück in die Heimat geht.
Ich werde wiederkommen!