Beobachtungsbericht Edelweißspitze (2571m)
Anfang August 2011
last update 6.8.2011

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Zwischen Montag, den1.8. und Mittwoch, den 3.8.2011 -  2 Astronächte auf der Edelweißspitze
        Edelweißspitze, Großglockner-Hochalpenstraße, 12 Zoll Dobson von Hofheim Instruments,  SQML(Zenit) = bis 21,7 mag/sas, Temp. zwischen 7° Cels.  und 9° Cels.
        Erste Nacht:   zunächst sehr feucht mit mäßigem seeing; in der zweiten Nachthälfte etwas trockener bei gutem seeing; Temp: 7° Cels. , SQML bis 21,7 mag/arc sec2
                                Mitbeobachter: keine
        Zweite Nacht:
zunächst feucht mit einigermaßen brauchbarem seeing, in der zweiten Nachthälfte ca. 50% rel. Luftfeuchte bei schlechtem seeing, Temp: 9° Cels. ,
                                SQML bis 21,55 mag/arc sec2

                                Mitbeobachter: Costa, Friedl und Uwe


Erster Tag:

Die Frage ist, ob ich dem Wetterbericht der "space-agents" glauben soll oder nicht. In München ist es am Montag um die Mittagszeit bedeckt, die webcam auf der Glockner Hochalpenstraße zeigt starke Bewölkung. Die "space-agents" melden in den Hohen Tauern ab ca. 20 Uhr ein Aufreißen der Bewölkung und ab ca. 23 Uhr klaren Himmel für 2 Nächte! Auf der Bielerhöhe weiter westlich ist es laut webcam bereits wolkenlos.

Was tun?

Ich beschließe den space-agents zu glauben und Nägel mit Köpfen zu machen. Auto packen und los geht's in Richtung Edelweißspitze auf der Glockner Hochalpenstraße.

Als ich um kurz nach 19 Uhr dort ankomme, ist die Spitze in dichte Wolken gehüllt, keine Spur von blauem Himmel. Ein Aufreißen der Wolkendecke ab 20 Uhr sagt die Vorhersage. Da ist ja noch eine Stunde hin.......

Edelweißspitze
Dunkle Wolken auf der Edelweißspitze

Nach dem Abendessen beschließe ich, obwohl die Wolkendecke noch geschlossen ist, den 12" Dobson von Hofheim Instruments aufzubauen. Im Anschluß gehe ich noch meine Liste für die Nacht durch. Am Himmel zeigen sich schon erste Sterne! Ich wusste es, auf die space-agents ist in der Regel Verlass. Ab 23 Uhr ist es klar; nur noch im Tal in Richtung Zell am See sind einzelne Wolkenfelder sichtbar.

Die Beobachtungsnacht beginnt endlich. Es ist allerdings sehr feucht, die Fangspiegelheizung arbeitet permanent, Atlas und Papier triefen schnell vor Nässe. Ich beschließe bei den Verhältnissen nicht zu zeichnen, sondern nur zu beobachten.

Milchstraße
Milchstraße über den Hohen Tauern

Zell am See bei Nacht


Blick nach Norden

Zell am See im Norden ist die einzige künstliche Lichtquelle, die von der Spitze gesehen werden kann. Am südlichen Ende des Parkplatzes ist kein künstliches Licht zu sehen.

Als erstes Objekt ist die Supernova in M51 dran. Die Galaxie zeigt sich unter dem Hochgebirgshimmel sehr schön mit Spiralarmen und Struktur. Die SN ist seit meiner letzten Beobachtung Ende Juni deutlich schwächer geworden. Indirekt jedoch sicher zu sehen, ich schätze die Helligkeit auf ca. 14,5 mag.


Nun ist ein Objekt an der Reihe, das ich eigentlich zeichnen wollte. Der Crescent Nebel NGC 6888 im Schwan. Im O3 Filter springt er mich förmlich an, wunderbar mit viel Struktur, an einer Seite mit deutlich hellerem Rand. Ich werde den Nebel in der darauffolgenden Nacht noch zeichnen.

NGC7331 und Hickson 92 (Stephans Quintett) sind das nächste Ziel. Hickson 92 ist direkt leicht zu sehen und löst sich bei genaueren Hinsehen auf.

Jetzt versuche ich mich am zentralen Stern im M57. Auch bei längerer Beobachtung ist er für mich in dieser Nacht nicht zu sehen. Wahrscheinlich ist das seeing noch zu schlecht.

Der Komet Garradd ist durch seine Helligkeit und Nähe zu M15 leicht zu finden.  Der Abstand zu M15 beträgt unter 1,5 Grad. Mit dem 31 mm Okular passen beide Objekte in das Gesichtsfeld, ein wunderschöner Anblick. Auch den Kometen werde ich in der zweiten Nacht noch zeichnen.

Edelweißspitze

Die Vorboten des Winters erscheinen am Himmel. Im Vordergrund der "Turm" auf der Edelweißspitze.

In der zweiten Nachthälfte wird es etwas trockener und das seeing deutlich besser. Jetzt schwenke ich zu M31. Die Staubbänder und NGC206 sind deutlich zu sehen,
das Ziel ist jedoch der Kugelsternhaufen G52. In der Nähe von NGC206 ist er schnell gefunden.

Jetzt geht's noch in die Milchstraße, die Gasnebel und Sternhaufen dort sind immer wieder schön. Ich verbringe fast eine Stunde beim "surfen" in dem Gebiet.

Den Abschluß der Nacht bildet die für mich erste Jupiter-Beobachtung in 2011. Der Planet steht jetzt schon recht hoch am Himmel und durch das gute seeing wird das Ganze zum Genuß. Strukturierte Bänder, in denen immer wieder neue Details aufblitzen, bilden einen schönen Abschluß der ersten und einsamen Nacht auf der Edelweißspitze.

Dämmerung    
Dämmerung
Im Osten wird es bereits Tag, es beginnen wunderbare Lichtspiele.

Ich baue das nasse Teleskop ab und gegen 5:30 Uhr geht's für ein paar Stunden ins Bett. 
Die Fahrt zur Edelweißspitze war die richtige Entscheidung!


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Zweiter Tag:

Nach dem Frühstück um 9 Uhr geht's raus in die Sonne, das Zwischenhoch ist wie vorhergesagt eingelaufen.
Ich entschließe mich zur Pasterze zu fahren. Auf der Fahrt dahin blicke ich zurück auf die Edelweißspitze.

Edelweißspitze    Edelweißspitze  

Da steht er, der höchste Spitz in ganz Österreich! Ein wunderschöner Berg, strahlend weiß durch den Neuschnee der letzten Tage. Der Anstieg führt von links kommend über den Gletscher, im Anschluß durch das schmale, aber gut sichtbare Schneefeld hinauf auf den Grat und über diesen auf den Gipfel. Die Tour ist technisch nicht sehr anspruchsvoll (II im Fels, ca. 40 Grad im Eis), aber sehr ausgesetzt und nicht zu unterschätzen.

Großglockner

Am Gletscher sichtbar sind die "Bergsteiger-Kolonnen", mit dem Fernglas waren auch mehrere "Staus" am Grat zu erkennen. Besser ist es, die Besteigung an einem schönen Wochenende Anfang Oktober  zu versuchen. Die Adlersruhe ist zu dem Zeitpunkt meist nicht mehr bewirtschaftet (Winterraum ist offen) und deshalb sind am Berg, wenn überhaupt, nur noch sehr wenig Bergsteiger unterwegs.

Grroßglockner

Am frühen Nachmittag geht's wieder zurück auf die Edelweißspitze. In der Zwischenzeit haben sich harmlose Quellwolken gebildet, die sich abends schnell wieder verziehen.

Edelweißspitze     Edelweißspitze
Trubel tagsüber...                                                                                                  

Am späten Nachmittag kommen Costa, Friedl und Uwe auf der Spitze an. Wir sind zu viert in der zweiten Nacht.
Vorher gibt es noch ein gemeinsames Abendessen auf der Hütte, es soll ja niemand verhungern bei Beobachten ....

Teleskoppark
Teleskop-Park

Bereits in der Dämmerung wird aufgebaut, um den Teleskopen Zeit zum Auskühlen zu geben. Anfangs sind noch einige Besucher auf der Spitze und etwas verwundert über unsere "komischen" Gerätschaften..... Ganz besonders beeindruckt natürlich Uwe's 27"er.

Was ist denn das?    Wie weit kann man damit sehen?     Wozu machen Sie das?     Bleibt Ihr die ganze Nacht?    ....   sind so die üblichen Fragen. Ein österreichischer Besucher bleibt in Gegensatz zu den anderen etwas länger und bekommt von Costa eine praktische Einführung in die visuelle Astronomie (Kugelsternhaufen, Gasnebel und einiges mehr).

Uwe mit seinem 27er
Uwe mit seinem 27"er.

27"
Ein geniales Teil

Noch bevor es richtig dunkel ist, sind wir vier alleine auf der Edelweißspitze. Die Besuchermassen haben sich längst aufgelöst und es kehrt wieder Ruhe ein.

Monduntergang    
Mondsichel
Die schmale Mondsichel verabschiedet sich im Westen.

Es kann endlich losgehen.

Erste Aktion ist eine Skizze vom Kometen Garradd bei M15. Ich möchte den Kometen in der Nacht im Abstand von ca. 3 Stunden 2x zeichnen, um so die Eigenbewegung festzuhalten. Und die ist erheblich! Die Zeichnung steht weiter unten im Bericht.

Der Crescent Nebel NGC6888, auch Mondsichel-Nebel genannt, stand die Nacht vorher schon auf dem Programm. Heute möchte ich Ihn zeichnen, die Verhältnisse bezüglich Luftfeuchtigkeit sind deutlich besser. NGC6888 ist im UHC Filter fast beeindruckender als im O3. Da ich die Sterne selbst zeichne und keine Vordrucke benutze, entschließe ich mich jedoch den Nebel mit O3 Filter zu zeichnen. Die schwächeren Sterne werden sozusagen ausgeblendet.

NGC6888
Crescent Nebel NGC6888

Jetzt ist NGC6765, ein planetarischer Nebel in der Leier dran. Obwohl relativ klein und lichtschwach, ist er recht einfach zu finden. Zunächst den Kugelsternhaufen M56 auf knapp halbem Weg zwischen Albireo und Gamma Lyrae einstellen. Dann ca. 0,5 Grad nach Westen schwenken und im O3 Filter ist der PN gleich sichtbar. Ich habe ihn mir eine Weile angeschaut, bevor ich ihn zu Papier gebracht habe. Uwe hat ihn sich auch durch den 12"er angeschaut und meinte, eine bipolare Struktur zu erkennen. Das Objekt verlangt aber Zeit , für mich ist es eine Erstsichtung ohne je vorher ein Bild gesehen zu haben.

NGC67651
NGC6765

Abell 82 ist das nächste Ziel; der einfachere Abell PN ist für mich im 12er diese Nacht aber nicht zu finden. Ich merke den fehlenden Schlaf  und habe nicht die Geduld lange zu suchen. Ich wende mich einfacheren Dingen zu.

Der Katzenaugennebel NGC6543 im Drachen ist sehr hell und gleich gefunden. Mit den 5 mm Nagler bei 300x starte ich den Versuch Strukturen im Inneren des Nebels auszumachen und zu zeichnen. Negativ, das seeing ist in dieser zweiten Nacht auf der Edelweißspitze zunehmend schlechter und macht den Plan zunichte. Ich verschiebe NGC6543 und IC4677 (schwache Hülle) auf die kommende Neumondphase bei hoffentlich besseren seeing und einen um einen halben Kilometer höheren Beobachtungsplatz.

Die Konzentration ist nun erst einmal im Keller und ich schaue, was die Kollegen Friedl, Costa und Uwe so machen. Ungewöhnlich diszipliniert geht's zu, die Nacht kann also so schlecht nicht sein! Friedl hat derzeit das Gebiet um Gamma Cygni auf der Liste. Sein 10" Reiseteleskop mit dem  groß
en Gesichtsfeld macht richtig Spass dabei.

Jetzt  habe ich auch Lust auf einige Nebel im Sternbild Schwan. Los geht's dabei mit  dem Nordamerikanebel (NGC7000) und dem Pelikannebel (IC5067). Im 31 mm Okular bei 1,5 Grad Gesichtsfeld und O3 Filter unter dem dunkelen Gebirgshimmel eine Augenweide! Unglaublich detailreich und strukturiert, ich surfe eine ganze Weile darin herum bevor es zum Sturmvogel (NGC6960) und zur Knochenhand (NGC6992/5) geht. Ich wechsle nun das Okular, mit dem 20mm Nagler komme ich auf 4mm Austrittspupille und ca 1 Grad Gesichtsfeld. Beide Objekte sind unter den Bedingungen sicher das Highlight dieser Nacht für mich.

Neben mir ist Uwe zunehmend am Fluchen.
"So ein Scheiß...., das gibt's doch nicht ....."   usw. Wie ich Ihn kenne, ist er mit seinem 27"er gerade an einem schwierigen 21mag Objekt im Nachbar Universum dran :-);
das nun zunehmend schlechtere seeing und der aufkommende Wind scheinen ihn zu ärgern......

"Uwe, komm runter von der Leiter, nimm Dir eine Reihe Ritter Sport Nougat und schau mal bei mir  rein, da ist gerade die Knochenhand zu sehen" sage ich zu ihm.
Und was macht Uwe?
Er kommt runter von der Leiter, isst eine Reihe Schokolade und schaut sich die Knochenhand an!
Es muss wirklich ein schwieriges Objekt gewesen sein, was ihn
da geärgert hat........

Wir schauen uns nun im 12"er abwechselnd den Cirrus Nebelkomplex an, der wunderbar rüberkommt. Uwe macht mich noch auf einen kleinen Nebelfetzen unweit der Knochenhand aufmerksam. Der
gehört zum Komplex und wird gerne übersehen.

Nach einer Weile holt sich Uwe das 17er Ethos und geht zurück zum 27"er. Angesagt ist jetzt das Beobachten des Cirrusnebels!
Was soll ich darüber sagen?
Cirrusnebel im Zenit bei dunklem Gebirgsshimmel im 27" Teleskop und Ethos Okular....         Ein Kapitel für meine "best ever" Rubrik.
Weitere Objekte im 27"er sind dann der Crescent Nebel und Abell 2. Einfach nur gut.

Nach einer Pause und Unterhaltungen mit den Kollegen mache ich mich wieder an den Kometen Garradd. Unglaublich, wie weit er sich in den gut 3 Stunden bewegt hat. Ich skizziere ihn ein zweites Mal und widme mich dann einigen weiteren Objekten, auf die ich hier nicht weiter eingehe.

Garradd
Komet Garradd
    - die Skizze links entstand am 2.8. um 22:30 Uhr,
    - die Skizze rechts am 3.8. um 1:45 Uhr.
Die
Eigenbewegung des Kometen in etwas über 3 Stunden ist deutlich erkennbar!

Mit dem Einsetzen der Dämmerung gegen 4 oder halb fünf bauen wir ab.

Zwei gute Nächte auf der Edelweißspitze gehen zu Ende!

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